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2 Wuürttembergiſche Pierkeljahrsheft

für

Tandesgeſchichte.

Bene Folge.

In Verbindung mit dem Verein für Kunſt und Altertum in Ulm and Oberſchwaben,

dem Wärtt. Geſchichts und Altertumsverein, dem Hiſtoriſchen Verein für das +

Wärtt. Franken und.dem Sülchgauer Altertumsverein heransgegeben von der

Württembergifhen Kommiſſion für Laudesgeſchichte.

XI. Zahrgang. 1902. Seft I und II.

Sfuffgart. Denk von W. Rohlhbammer. 1992.

Bnbatt.

Das Zolbud der Deutſchen in Barcelona (1425—1440) und der deutſche Handel mit Katalonien bis zum Ausgang bes 16. Jahrfunderts. Schluß. II. 3. Die Handelswege. TIL. Spätere Geſchichte des deutſchen Handels mit Kata: Ionien und ragen. Bon Profeffor Dr. K. Häbler, Bibliothefar in Dresten . . . rennen

Zur Gefhichte ber Ravenasurger Sefetigaft. "Yon Profeer Dr. &. Schulte in Breslau (Rom) . . . Deren

Die Anfänge des Pietiemus und Separatismns in , Württemberg. Von Ehr. Kolb, Delan in Ludwigsburg. (Schluß) III. Der Übergang zur Tor Teranz von 1715 ab. Anhang: Weitere Verbreitung bes Separatismus

Überficht über Uhlands Bri ſwegiet Bon Archlvaſſeſſor Dr. Rudolf Krauß in ‚Stuttgat 2... . EEE

Yerein für Bunk und Alterium in Alm und Oberfäwaben.

Mary Otto, Bater und Cohn, Schreiner und Diplomat. Bon E. v. Loefiler, Generalmajor a. Deinlim . 2.2.2 .20.. Per

Sikerifger Yerein für das Württ. Franken. Zur Geſchichte des Voltoſchulweſens im Kapitel Crailsheim bie zum Jahre 1810. Bon Stadtpfarrer Dr. Shmit. in Bradenheim 2 2 222.2. Sontseim— Schwaitheim. Bon Dr. G. Mehring in Stuttgart

Züldganer Altertuı

Des franzöifgen Marſchalls Jean Baptiſte Budes Grafen v. Guöbriant Sieg und Tod zu Rottweil a. N, im Jahr 1643. Bon Sraipfaer Adolf Brinzinger in Oberndorf a. N. . . . .. oo.

Eine Gefangennahme Graf Eberhards des Erlauchten von

ittemberg. Yon

Achivrat Dr. Schneider. .. .... · · · · · . . . Mitteilungen aus Büchern und Zeitſchriften. Von Arhinfefretir Dr. Mehring Um und aus Handicriften. Bon Demielben.. . .

Veipregung und Grwiderung. Briefe umb Akten zur Weiichte des 16. En bumberts. Yon Privatdozent Dr. Funjt in Tübingen . .— :

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no. | / 2 Das Zollbuch der Deulſchen in Barcelona (1425 bis 1440) und der deutſche Bandel mit Ratalonien bie pım Ausgang des 16. Jahrhunderts.

Von Konrad Häbler.

3. Die Handelöwege,

Wenn man alle Die Angaben berüdfichtigt, welche ſich in dem Zollbuche über ben Urfprung ber darin verzeichneten Handelsartikel vorfinden, jo zeigt es fi, daß das weite Gebiet von den Küften Indiens bie zur afrikaniſchen Norbweftküfte einerſeits, durch das ganze mittlere Europa hindurch bis zu den Norbfeegeftaden in Flandern und Oftfriesland, ja bis zu der Oſtſee hinauf dem Handel der Deutſchen in Barcelona tribut: pflitig gemacht worden war. Diefer Handel war nun freilich in vielen Fälen nur ein indirefter. Es läßt fi) nicht nachweiſen, daß die deutfchen Kaufleute die Erzeugniffe der Levante jelbft von dort geholt hätten, um fie in Barcelona auf den Markt zu bringen, und wenn italienifhe Produkte in den umfänglichen Liften der Handelsartifel jo außerordentlich felten vorkommen, jo hat das mit Sicherheit darin feinen Grund, daß ber rege Handel der Italiener in der kataloniſchen Hauptſtadt eine Konkurrenz der Deutſchen auf biefem Gebiete unmöglich; machte.

Der direfte Handelsverkehr ſcheint ſich allerdings auf die Handels: fragen zwiſchen Deutſchland und ber iberifchen Halbinfel beſchränkt zu haben. Die Wege, bie er einfchlug, find aber mannigfaltig genug gemefen.

In den älteften Teilen bes Zollbuches fehlt es gänzlich an Angaben darüber, auf weldem Wege die verfchiedenen Waren nad) Barcelona gelangt waren, oder von bort nach Deutichland ausgeführt wurden. Selbft das kann man nur aus ber Art der regiftrierten Artikel erſchließen, ob fie Ein: oder Ausfuhrgüter waren. Erſt vom Herbft 1429 an wird hin und wieder bei einzelnen Buchungen erwähnt, ob fie Import oder Export betreffen, und bei diefer Gelegenheit finden ſich dann auch die erften An: gaben darüber, welche Wege für den Handel benügt wurden. Nach und nad) werben die Darauf bezüglichen Notizen weſentlich reihhaltiger. Freilich

Wörtt. Bierteljahrsp, f. Landesgeih. R. 5. XI. 1

2 Häbler

wird eine folde Angabe auch dann nicht zur Regel, jondern auch in ben Aufzeichnungen ber letzten Jahre entbehrt die Mehrzahl der Buchungen eines beftimmten Hinweiſes darauf, wie die Waren ein: ober ausgeführt worden find. In der beträchtlichen Minderheit aber, bei welcher darüber Rechenſchaft abgelegt wird, finden fi) eine Menge von Notizen, die für die Beurteilung des deutſch⸗ſpaniſchen Handels von entſchiedenem Inter⸗ eſſe find.

Die Lage der Stadt Barcelona am Geftabe des mittellänbifchen Meeres mit feinem feit dem frühen Mittelalter hochentwickelten Schiffahrts: verfehre läßt es nur natürlich erſcheinen, daß der größere Teil auch ber von deutſchen Händlern gehanbelten Waren auf dem Seewege kam oder ging. Der ganze Sinn des Bündniffes, welches Deutſche und Savoyer in dem Genuffe gemeinfamer Privilegien zufammenfaßte, Tann ja nur ber gewefen fein, daß ber deutfche Kaufmann ſich ben geficderten Zugang zum Mittelmeere ſchuf, zu welchem ihm nad allen Seiten Hin die Gebiete fremder Potentaten ben Weg verlegten.

Allein der alte Überlandweg, den wir in dem einleitenden Abfchnitt ennen gelernt haben, war deshalb doch noch keineswegs aufgegeben ober vergeffen. Allerdings finden wir nur bei einer ſehr Heinen Anzahl von Eintragungen die Bemerkung, daß die Waren auf dem Landwege nad) Barcelona eingeführt worden feien; dagegen wird verhältnismäßig häufig erwähnt, daß folde Artikel, die von Barcelona ausgeführt wurden, bie Stabt auf bem Landwege verließen. Es werben freilich nicht alle Arten von Waren gleihmäßig über Land ausgeführt, noch auch ift die Benügung dieſes Weges zu allen Zeiten eine gleiche; aber eben daraus ergeben ſich für uns die für die Geſchichte des deutſchen Handels intereffanten Ges fihtspuntte.

Maffenartitel von beträdtlihem Umfang und Gewicht bei verhältniss mäßig geringem Werte, wie 5. ®. befonders Hafen: und Lammfelle find von dem Überlanbverkehre fo gut wie ausgeſchloſſen. Dagegen feheinen die oftbareren Handelswaren bef. Safran zu allen Zeiten nicht nur über See, ſondern in beträchtligen Mengen über Land ausgeführt worden zu fein. Daß bie für den aragonifhen Safran die Regel bildete, hat fi aus den oben darüber mitgeteilten Zahlen ergeben; das Zollbuch läßt aber trog ber Unvollftändigfeit feiner Angaben erkennen, daß aud von dem in Barcelona gehandelten Safran alljährlih beträdtlide Mengen auf dem Landwege auögeführt wurden.

Nicht ausgeſchloſſen wäre es, daß diefe Ausfuhr über die franzöſiſche Grenze zu einem Teile folhe Waren angehe, bie zwar von deutſchen Kaufleuten gehandelt, aber nicht für den deutſchen Markt beftimmt waren,

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Das Zollbuch der Deutſchen in Barcelona (1425—1440) 2c. 3

fondern auf den Zwiſchenſtationen, etwa in yon ober Genf, weiterver⸗ Handelt werden follten. Natürlich” mag auch das gelegentlich vorgelommen fein, doch glaube ich nicht, daß Handelsgeſchäfte diefer Art, Die nachmals Sei dem Gewurzhandel der Deutfchen in Liffabon nachweislich in ger waltigem Umfange gemaht worden find, ſchon in bem Handelsverkehr, der fi in dem Zollbuche von Barcelona wiberfpiegelt, eine erhebliche Role gefpielt haben. Wenn es ausjhließlich die großen Hanbelshäufer, ‚wie das ber Humpiß, wären, bei denen das Zolbud die Ausfuhr ber Handelögüter auf dem Landwege anmerkt, fo würde man eher an ſolche Zwecke denken können, denn von dieſen wiſſen wir, daß fie auch auf ben Mefien von Lyon und Genf, daß fie in Marfeile und anderen füb- franzöfiihen Städten Kandel trieben. Aber die gleiche Angabe ber Aus: fuhr über Land begegnet auch bei anderen Handelshäuſern, ja felbft bei ‚Gefchäften folder Kaufleute, die nur eine gelegentlihe Erwähnung im Zollbuche finden. Aus dieſem Grunde halte ich es für durchaus wahr⸗ ſcheinlich, daß aud der Safran, der auf dem Landwege aus Barcelona won ben beutfchen Kaufleuten ausgeführt wurde, in ben weitaus meilten Fällen für Deutſchland beftimmt geweſen ift.

In den legten Jahren bes dret regal nimmt die Häufigkeit der "Bemerkung exida per terra in auffallender Weife zu. Es wurde aller: dings oben fhon bemerkt, daß die Ausführlickeit der Angaben bei ben einzelnen Eintragungen ganz allgemein in ben fpäteren Jahren zunimmt. “Allein das Anwachſen der Nachrichten über Ausfuhr auf beim Landwege ift keineswegs nur damit zu erflären. Denn während in den Jahren 1429—1437 alljährli nur etwa 3—4 Poften, und zwar faft ausſchließ⸗ lich Safran als auf dem Landwege ausgeführt verzeichnet werden, finden fi ſchon 1438: 5, 1439: 11 und 1440 fogar 18 Buchungen, aus denen hervorgeht, daß bie Waren auf dem Landwege ausgeführt wurben. Noch beſonders augenfällig wird ber befondere Anlaß zu biefer Veränderung des Handelsweges dadurch, daß es in biefen Jahren nicht mehr aus- ſchließlich Safrantransporte find, die den Weg über Land bevorzugen, fondern daß aud Korallen, Früchte und Indig, ja in mehreren Fällen felbft Tierfelle auf diefem Wege ausgeführt werben. Es kann wohl kein Zweifel darüber beftehen, daß befondere Verhältniffe zu dieſer Wandlung den An: Laß gegeben haben müſſen. Zunächſt ift man immer geneigt, an bie Sicherheit der Schiffahrt auf dem Mittelmeer zu denken, bie durch bie kriegeriſchen Verwidelungen Alfons des V. einerfeits, durch das Unweſen von Piraten aller Völker und Nationen andrerſeits im 15. Jahrhundert oft eine ſehr zweifelhafte geweſen. Thatſächlich muß auch das Seeräuber: unweſen damals gerade wieder fi fehr unangenehm fühlbar gemacht

4 Habler

haben. Es liegt eine Verordnung Alfons V. vom 28. Mai 1443!) vor, in welcher er die Behörden von Mallorca zu aufmerkſamer Beobachtung gegenüber den Biskaifchen Seefahrern ermuntert, da dieſe fi einer ſchweren Beeinträchtigung des Handels durch Räubereien in kataloniſchen Gewäffern ſchuldig gemacht haben. Und um bie gleiche Zeit läßt die Stadtverwaltung von Barcelona zweimal ihre Kriegsfahrzeuge in See ſtechen, um fi der Bedrohung ihres Handelsverkehres in der unmittels baren Nachbarfchaft zu erwehren?).

Diefe Verhältniffe mögen allerdings das Ihrige dazu beigetragen haben, die deutſchen Kaufleute zur Bevorzugung bes Landweges zu er⸗ muntern; allein ich glaube, daß der weſentlichſte Grund noch auf anderem Gebiete zu ſuchen if. Es zeigt fi nämlich, daß die Stadt Barcelona eben damals daran ging, zu Erleichterung und Sicherung ihres großen Hanbelsverkehres durch den Bau einer neuen Mole ihre Hafenanlager zu erweitern, und zum Zwede dieſes Baues wurde vom 1. Juni 1439 ab ber gefamte Schiffsverkehr mit einer Steuer belaftet?). Nun fuhren ja die deuten Händler nicht auf eigenen Schiffen und wurden fomit nicht unmittelbar von dieſem Zoll betroffen. Allein es ift mit Sicherheit anzunehmen, daß bie Reeber ihrerfeit3 bie neue Steuer durd eine Er- höhung der Frachtſätze auf die Kaufleute abzumälzen verfucht haben werden und in dieſen Verhältniffen hat man, wie ich glaube, die eigentliche Urſache dafür zu erbliden, daß von 1439 ab Ser Handelsverkehr auf dem Land: wege eine fo beträchtliche Steigerung erfahren hat.

Es ift übrigens noch nicht ausgemacht, daß alle diejenigen Waren, welde Barcelona auf dem Landwege verließen, nun aud wirklich über Land nah Deutſchland geführt worden wären. Es murbe ſchon oben gelegentlid darauf hingewieſen, daß Johan de Colonia mehrfad Artikel, die fonft der Einfuhr zugehören, wieber erportierte, um fie in Valencia zu verkaufen. Dazu hat er fich gelegentlich au des Transportes über Land bedient. Eine ſolche Handlungsweiſe wäre freilich bei jedem anderen Händler irrationell gewejen wegen ber wiederholten Verzollung, die fie mit fi brachte. Sie ift für Johan de Colonia nur dadurch verſtändlich, daß er fi als Barcelonefer Bürger weſentlicher Zollvergünftigungen er⸗ freute. Aber auch andere als exida per terra verzeichnete Handelsartikel find offenbar nicht auf dem Landwege bis nad) Deutſchland geführt worden. Am 3. Dezember 1434 verzollt Joushompis 2 Poften, den einen nur aus Safran, den anderen aus Safran und Korallen beftehend, die beide

') Capmany 1. e. 8. IV. ©. 180. *) April 1440. Dietari ®. I. &. 387 und 407/8. ®) Capmany 1. c. 8b. II. &, 237. Dietari ®t. I. ©. 385-890.

Das Zollbuch ber Deutſchen in Barcelona (14251440) ıc. 5

auf dem Landwege ausgeführt wurden. Während aber ber kleinere Poſten nur mit der üblichen Bezeichnung de exida per terra verfehen ift, findet ſich bei dem größeren Poften der Zufag: exida per terra fing a Sent Feliu per se toller en la nau d’en Conill d. 5. die Waren gingen zu Lande nur nad dem unfern gelegenen Küftenftäbthen San Feliu de Guirole, um dort auf dem Fahrzeuge eines Reeders verlaben zu werben, der, mie es fheint, während mehrerer Jahre von der Humpißgeſellſchaft für den Transport ihrer Güter verwendet worden ift.

‚Weit überwiegend vollzog fi der beutiche Handelsverkehr mit Barcelona auf dem Seewege. Den 65 Angaben über Warenpoften, die auf dem Landwege transportiert wurden, ftehen 163 ſolche gegenüber, bei denen ausdrücklich bezeugt wird, daß fie zu Waſſer befördert wurden, and ein gleiches Verhältnis dürfen wir zum Mindeften für alle die Ein= tragungen annehmen, bei benen jede Angabe über ben eingefchlagenen Transportweg fehlt. Diefes Überwiegen bes Seeweges ift aud) durchaus das Natürliche; er ift nicht nur der bequemere, fondern auch der fürzere, and der Transport der deutſchen Waren über die dem Herzog von Savoyen anterthänigen Hafenftäbte ift der einzig denkbare Zweck bes deutſch⸗ javoyifchen Bündniffes, welches dem Privileg des dret regal zur Voraus: fegung dient. Es ift aber bei der Mangelhaftigkeit der Angaben nicht leicht zu erraten, welche Häfen mefentlih von den Deutſchen zu ihrem Verkehre mit ber kataloniſchen Handelsſtadt benügt wurden. Das Zoll: buch giebt nur in ein paar ganz vereinzelten Fällen den Ausgangshafen der Schiffe an, die deutſche Waren beförberten; im allgemeinen wirb nur der Name, gelegentlich die Heimat des Reeders ober des Schiffes bezeichnet, allein es ift ohne weiteres Mar, daß der Heimathofen durchaus nicht identifh zu fein braucht mit beim Ausgangshafen bes betreffenden arentransportes.

Der hauptſächlichſte Hafen auf favoyifhem Gebiete und derjenige, den die Deutfchen wohl beim Abſchluſſe des Handelsbundniſſes vorwiegend im Auge hatten, ift derjenige von Nizza. Aus Nizza ftammen eine Reihe von favoyifchen Kaufleuten, die ſich das deutſch-ſavoyiſche Privileg zu nutze gemacht haben; von Nizza kamen die Reeder Guillen Marques und Rodrigo Ramon, eine nau de Nigarts, deren Schiffer nicht namhaft ges macht wird, wird außerdem im Mai 1436 erwähnt. Vermutlich ftammt auch noch einer oder ber andere ber zahlreihen Schiffer, deren Heimat nicht genannt wird, von borther. Immerhin ift von einem Übermiegen ſavoyiſcher Reeder in dem deutſchen Handel mit Barcelona nichts zu fpüren, ebenſowenig, als die Savoyer das Privileg des dret regal nachdrücklich auszunügen verfucht Haben. Andere ſavoyiſche Häfen werben nicht genannt ;

6 Häbler

es ift wohl noch einmal von Punentefos, d. 5. Bewohnern ber Riviera di Ponente, als Unterthanen des Herzogs von Savoyen bie Rebe, allein: ihre Heimat wird nicht genauer bezeichnet.

Dagegen werben eine Anzahl anderer ſudfranzöſiſcher Küftenftädte ans geführt, auch ſolche, die nicht eigentliche Hafenftädte find, als Heimatsorte von Schiffen und Schiffern, die am beutfchen Handel beteiligt waren. So eine Galeere von Narbonne i. 3. 1432, eine Fregatte von Aiguesmortes i. 3. 1434, eine Bart des Arnau Juliol und Pere Pont von Agbe- i. J. 1436; ihnen reiht fi eine barcha de Franga i. 3. 1440 an. Daß ein weiterer und zwar beträdtlicer Teil der an der Beförderung deutſcher Güter beteiligten Schiffer kataloniſcher Rationalität war, liegt, wo es fi um ben Hafenverfehr von Barcelona handelt, auf der Hand. Meift aber können wir bie nur aus der Namensform ber Schiffer fließen. Nur in feltenen Fälen mird es ausdrüdlih befätigt'); und- ein paarmal werben fogar bie Heimatsorte der Betreffenden nambaft gemacht: fo erſcheint 1434 und 1435 wiederholt die barcha d’En Conill, die wie diejenige de8 En Punes nad Sant Feliu de Guirols heimat= berechtigt gewefen zu fein ſcheint. Won Colliure ftammte eine andere i. 3. 1436 erwähnte Bark, die bem Bento Guaran gehörte. Selbft das ziemlich weit vom Meere abgelegene Perpignan, damals noch ſpaniſch, beſaß zu jener Zeit eine Galeere, die an Hanbelsfahrten längs der Mittel= meerfüften teilnahm. Wenn wir in Barcelona einer galera de Mallor- quing begegnen, jo hat dies bei dem regen Verkehr zwiſchen der Inſel und der Küfte nichts Verwunderliches; auffallend erſcheint es höchſtens, daß eine folhe für den Handelsverkehr der Deutſchen in Anſpruch ges nommen wird. Da fie Safran und Musfatblüthe zur Beförderung über geben erhält, handelt es ſich offenbar um eine Fahrt nad) einem franzöſi⸗ ſchen oder ſavoyiſchen Hafen.

Auch kaſtilianiſchen Schiffen begegnen wir auf den mittelländiſchen Küftenfahrten; als ihre Herren werben genannt ein Martin de la Penna i. 3. 1435, ein Gonzalo Graus 1436 und ein Martin Lanz 1439. Trog der ſcharfen Kontrolle, die fie ſich durch gelegentliche räuberiſche Übergriffe zugezogen Hatten, verkehrten boch felbft i. 3. 1440 noch biz⸗ caifhe Schiffe im Hafen von Barcelona; und da fie vom 10. Mai bis- zum 5. November nit weniger als viermal in Zwiſchenräumen von mehreren Wochen erwähnt werden, kann es fi) wohl faum nur um eim einzelnes Schiff handeln.

Daneben bedienten fih die deutſchen Kaufherren aber fortgeſetzt für ihren Handelsverkehr auch italieniiher Schiffe. Daß wir unter ihnen 9 Noffrö eatala. 24. Juni 1434.

Das Zolbud ber Deutſchen in Barcelona (1425—1440) ꝛc. 7

auch die Genuejen vertreten finden, ift auffallend. Genua war ja in jener Zeit vielfach die politiſche Gegnerin des kataloniſchen Herrſchers um feiner neapolitanifchen Eroberungspläne willen, und das Bünbnis ber Deutſchen und Savoyer kehrte auch wirtfaftspolitii eine Spige gegen die Republik. Trogdem kommen Waren für Joushompis und Gaspar de Vat nit nur auf dem Schiffe des Pere Materma von Genua, dieſe könnten ſchließlich auch in einem onderen Hafen an Borb genommen fein fondern aud der vermutlich Tatalonifhe Pere Vital trifft am 20. März 1436 in Barcelona ein von Genua her.

Vereinzelt ift einmal t. 3. 1437 aud ein von Piſa kommendes Schiff von Jousbompis zur Beförderung feiner Güter benügt worden; regelmäßig aber ſcheint dies während des ganzen Zeitraumes, ben bie Aufzeichnungen umfaſſen, mit den Galeeren von Florenz geſchehen zu fein. Humpis und Vat haben biefelben von 1433—40 für die Aus: und Eins fuhr nicht weniger als elfmal benügt, wobei allerdings ein paar Poſten fih auf ein und biefelbe Fahrt bezogen haben mögen.

Noch befannter als von den Florentinern ift es von den Venetianern, daß fie mit ziemlicher Regelmäßigkeit Rundfahrten ihrer Handelsſchiffe an den Küften des Mittellänvifchen Meeres und darüber hinaus unter— nahmen, welche aud fremden Kaufleuten ein willkommenes Beförberungs- mittel für ihre Güter von einem Hafen zum anderen boten. Noch häufiger als die Slorentiner werben die galera oder galeras de Venecians erwähnt, obwohl dies erft i. 3. 1435 zum erftenmale geſchieht. Es er— ſcheint mir nicht zufällig, daß fie mit wenigen Ausnahmen nur bei ber Einfuhr genannt werden; und zwar glaube ich das fo erklären zu follen, daß der Weg, den die venetianifhen Schiffe nahmen, wohl zum Bringen der Waren günftig, für deren Rückbeförderung nad Deutſchland aber nicht geeignet war. In ber Benügung der galeras de Venecians erjcheint neben Humpius und Vat auch Johan de C,lonia, und damit wird bie Frage angeregt, ob es ſich bei dem Verkehre dieſer Schiffe noch immer ausſchließlich um einen mittellänbifchen Seeverkehr handelt, oder ob etwa ſchon in diefer Gruppe die venetianifhen Flandernfahrer eine Rolle ges fpielt haben.

Daß ein birekter Seeverkehr zwiſchen Barcelona und den Nieder: fanden ſchon damals beftanden Bat, ift unzweifelhaft. Aus hanſiſchen Duellen können wir allerdings aus dem erften Drittel des 15. Jahrhunderts weder einen bireften Schiffäverfehr mit Katalonien, noch auch einen direkten Handel der Deutſchen dahin nachweiſen. Dagegen hat Capmany'!) in

') Memorias II. ©. 91, 110, 118, 170, 201 u. |. w.

8 Häßler

feine Urfundenfammlung eine Reihe von Dokumenten über biefen Verkehr aufgenommen, bie bis in das Jahr 1435 zurüdgehen, und den Beweis erbringen, daß feit fo frühen Zeiten ſchon kataloniſche Kaufleute und Waren auf dem Wege dur die Straße von Gibraltar und über ben Ozean bis nad England und nad Flandern gelangt find. Das Zollbuch aber giebt uns auch vollmertige Beweiſe an die Hand dafür, da Kaufr leute deutſchen Urfprungs mit deutſchen Waren ben Markt von Barcelona beſchickten. Es ift in erfter Linie der allerdings in feiner Eigenſchaft als Bürger von Barcelona halb zum Katalonier gewordene Juan de Colonia, der dieſen Handelsweg benügt. Aber gerade dies ift bezeichnend und wertvoll. Denn mir bürfen doch mohl mit Sicherheit annehmen, daß die Waren aller Arten (merceries), welche Juan de Colonia lange Jahre hindurch (1434—40) über Flandern bezieht, aus den Rheinlanden, vermutlich fogar aus feiner Vaterftabt Köln jelbft, ftammten, und von dort rheinabwärts zur Verfchiffung nach Barcelona zu einem ber nieder: länbifchen Hafen geſchickt worden waren. Übrigens ift Juan de Colonia nicht ber einzige, der Güter von Flandern nach Katalonien bringen läßt. Allerdings entfallen von den 8 Buchungen, in denen biefe Thatſache vers merkt wird, 6 auf fein Konto, die anderen beiden aber, aus den Jahren 4434 und 1439, betreffen Güter der Humpißgeſellſchaft und laffen darauf ſchließen, daß auch dieſe in jener Zeit, wie mit Barcelona, fo auch mit den nieberländifhen Handelsſtädten in dauernder lebhafter Hanbelsverbindung ftanden.

Ob irgend damals ſchon auch deutſche Schiffe bis nach Barcelona gekommen find, läßt ſich zwar nicht erweiſen; boch läßt fi ebenſowenig die Möglichkeit eines ſolchen Vorkommniſſes rundweg in Abrede ftellen. Zwar wenn ein Ramon d’Ezpla i. J. 1439 Güter für Humpis von Flandern bringt, fo ſcheint es fi da um einen kataloniſchen Flandern fahrer zu handeln. Die galera de Flandes, welche 1434 für Spedeli und 1438 für Johan de Colonia Güter befördert, könnte meiner Anficht nach leicht ein venetianifches Schiff geweſen fein, denn diefe trugen wohl zuerft den Namen „flandriſche Galeeren“. Auch wenn naus Flamengnes 1440 in Verbindung mit Juan de Colonia vorkommen, wäre es zu fühn, deren Nationalität anzuzweifeln. Allein in vier anderen Fällen werben die Eigennamen der Schiffer genannt, welde für Johan de Colonia Güter aus Flandern bringen, und dieſe find in einer folden Weife entſtellt, daß fi darunter ales mögliche, und ſchließlich aud der Name eines nieberbeutfehen Schiffes verbergen könnte. Nur „könnte“. Ein Beweis läßt fi allerdings dafür nicht erbringen, denn Guarrigue de Flandes, Pigues de Flandes, Pere Joban Senchmet und Martin Sentit find

Das Zollbuch der Deutſchen in Barcelona (1425—1440) x. 9

ſämtlich fo ftarf entftellte Namensformen, daß man ihr flämiſches oder deutfches Aquivalent nicht ohne weiteres herauszufinden vermag.

Das Zollbuch ergiebt alfo, daß der deutfche Handel mit Barcelona ſchon in ber Mitte des 15. Jahrhunderts keineswegs auf einen Handels: weg beſchränkt war. Er folgte wohl noch vielfah der alten Überland- ftraße, die, aus der Römerzeit ſtammend, während des ganzen Mittelalters den wahrſcheinlich ziemlich befchränften Reife: und Pilgerverkehr von einem Lande zum anderen vermittelt hatte. Allein zu feinem größeren Teile batte er fi von biefem ſchwierigen und weitläufigen Wege freigemadht. Er ftieg, nur den Anfang des alten Pilgermeges nüßend, vom Boben= und Vierwaldftätterfee zum Rhonethale nieder, verließ dies aber beizeiten, um auf fürzerem Wege ber Mittelmeerfüfte zuzuftreben, und über Meer die kataloniſche Hauptftadt zu erreihen. Und zu biefem Zwed benüßte der deutſche Kaufherr, mit den Savoyern verbündet, durchaus nicht nur diefe feine Freunde, fondern Katalonier und Kaftilianer, Franzoſen und Staliener, Florentiner und Venetianer jegte ber deutſche Hanbelsfleiß mit in Nahrung. Und felbft der Weg, der im kommenden Jahrhundert für den deutſchen Handel einen fo gemaltigen Aufſchwung nehmen follte, der von ben beutfchen Küften bis zum Beſtimmungshafen über hohe See tein frembes Land zu berühren nötig Hatte, au er ift ſchon damals, wenn aud in beſcheidenem Umfange, von beutfchem Unternehmungsgeifte beſchritten worden.

ITI. Spätere Geſchichte des deutſchen Handels mit Stafalonien und Aragon.

Das Libre del dret läßt nicht erfennen, daß ber deutſche Handel in der von ihm umfaßten Periode irgenbwelden Störungen unterworfen . geweſen fei. Aus anderen Quellen aber wiflen wir allerdings, daß dies ber Fall war. Am 2. September 1435!) richtet der Rat von Barcelona auf Betreiben des Konſuls ber Deutſchen, den Verfaſſer des Libre del dret, Raphael Ferrer, ein Schreiben an die Behörden der Infel Mallorca, worin er fie davon in Kenntnis feßt, daß ein von ber beutfchen Handel gefelihaft des Joushompis unter Kontrolle des Konfularftellvertreters Juan ses Avases für bie Fahrt von Mallorca nad Barcelona befrad: tetes Schiff unterwegd und zwar innerhalb der mallorfanifchen Gewäſſer angehalten und beraubt worben fei, und fordert fie auf, den Geſchädigten zu ihrem Rechte zu verhelfen. Der Wortlaut des Briefes erwedt ben Anſchein, als ob es fih um einen Akt von Seeraub handelte, der von

') Capmany, Memorias II. ©. 224 f.

10 Häbler

mallorkaniſchen Unterthanen verübt worben fei. Nicht undenkbar aber wäre es aud, daß die ſcheinbare Reprimande an Mallorca nur in der mangelhaften Handhabung des öffentlichen Sicherheitsbienftes ihre Ber gründung findet, und daß es fih auch hier fhon um eine Unthat Lands fremder Piraten handelt, über bie, wie wir oben fahen, wenige Jahre fpäter auch ein königlicher Erlaß an die Behörden von Mallorca zu Hagen weiß.

Was wir aus der Folgezeit über den Handel der Deutichen in Barcelona hören, bezieht ſich fat ausfchließlih auf die Thätigkeit der Humpißgefelihaft. Daß diefelbe unter allen in Barcelona thätigen Hanbelshäufern bei weitem die erfte Stelle einnahm, das ergab ſich ja ohne weiteres aus den Eintragungen des Zollbuches ſelbſt. Urſprünglich vermutlid in den legten Jahrzehnten bes 14. Jahrhunderts bes gründet?) in dem unfern bes Bodenſees gelegenen Ravensburg, hatte die Geſellſchaft rafch einen bebeutenden Aufſchwung genommen. Nicht nur Ravensburger, fondern befonders auch Konftanzer Kaufherren hatten viel: fach der Geſellſchaft ſich angefchloffen oder ihre Gelder anvertraut, und neben dem von ben meiften größeren Kaufherren der Zeit betriebenen Hanbel nad Dberitalien und Venedig, hatte die Humpißgeſellſchaft un gewöhnlichermeife den Handel nad ben mweftlihen Ländern, über Nord: italien und Sübfranfreih nad Katalonien und Valencia in einer folgen Weife zu ihrer befonderen Domäne gemacht, daß fie fait ein halbes Jahr⸗ hundert hindurch auf diefem Gebiete eine unbeftrittene Führerftellung einnimmt.

Auch die Muntprat, die wir 1408 noch anſcheinend neben ihnen felbftänbig in Barcelona antrafen, haben ſich im Laufe der Beit an bie Humpißgeſellſchaft angeſchloſſen. Nicht minder war dies der Fall mit einer anderen Ravensburger und Konftanzer Familie, deren Name in kataloniſchen Akten öfter3 genannt wird, den Mötteli. Nach den Angaben eines oberſchwäbiſchen Chroniften hätten die Mötteli ſchon mit zu den Begründern der Ravensburger Handelsgeſellſchaft gehört. Urkundlich läßt fi) wenigftens für eine fpätere Zeit eine rege Teilnahme ber Familie am Handel der Magna societas Alamannorun nadhmeifen. Eines der Häupter ber Möttelifhen Familie, Hans Mötieli dat feine kanfmänniſche Lehrzeit während des erften Drittels des 15. Jahrhunderts im Dienfte der Geſellſchaft in Sübfranfreih und Spanien durchgemadt. Um das Jahr 1435 fol er dann ala Teilhaber derfelben mit einer Einlage von 16—18000 rheinifhen Gulden an den Geſchäften intereffiert geweſen

) Vergl. v. Heyd, Die große Ravensburger Geſellſchaft. Stuttgart 1890.

Das Zollbuch der Deutfchen in Barcelona (1425—1440) ꝛc. 11

fein. Zu derſelben Zeit war ein anderes Glied derſelben Familie, Claus Mötteli, mit 8—9000 Gulden beteiligt, und insgefamt foll wenige Jahre fpäter die Gejelichaft mit einem Kapitale von 300000 Gulden gearbeitet, und in einzelnen Jahren damit bis 100000 Gulden Gewinn erzielt haben).

Die führende Rolle, welche die Ravensburger Geſellſchaft im deutfch- tataloniſchen Handel um bie Witte des 15. Jahrhunderts innehatte, findet eine interefjante Betätigung in dem Schlußurteile eines offenbar Höchft umfänglihen und langwierigen Progefies, welches ih im Archivo General de la corona de Aragon aufgefunden habe‘).

Um die Mitte der vierziger Jahre war zwiſchen ben Ländern ber: Krone Aragon und dem benachbarten franzöfiihen Königreihe ein Zoll⸗ Trieg ausgebrochen, der dazu führte, daß, anfcheinend von beiden Seiten, der Handel von einem Lande zum anderen mit befonberen Bollrepreflalien befaftet wurde. Speziell wurde von feiten der Königin:Negentin Maria- von Aragonien für alle franzöfifchen Provenienzen, gleichviel ob dieſelben aus franzöfifchen Landen ſtammten, oder folde nur auf ihren Wege nad; Spanien pajfierten, ein befonberer Zoll (ins marcharum) von 5 diner vom Pfund barcelonefer Währung des Wertes angeordnet und, wie üblich, an gewiſſe Zolleinnehmer verpachtet.

Diefer Zol war von den jpanifchen Beamten auch von benjenigen: Waren beanſprucht und erhoben worden, welche bie oberdeutſchen Kauf: herren die Rhone herab über Arles und Port du Poac (Boch) zur See nad Barcelona brachten. Und zwar beriefen ſich die Zolleinnehmer darauf, daß die Daupbine, das einzige franzöfifche Gebiet, weldes die Waren berübrten, trog ihrer jelbftänbigen Stellung unter dem damals mit feinem Vater Karl VIL verfeindeten Danphin und nadmaligen König Ludwig XI. einen integrierenben Beſtandteil bes franzöfiichen Königreiches bilde. Diefen Anſpruch begründeten fie noch befonders mit einer Erklärung Karl VIL. vom 7. Dftober 1444, in welcher der König ausbrüdlih die Selbftänbigfeit der Dauphine beftritten hatte.

Es hat den Anſchein, ald ob zu jener Zeit der deutfche Handels: verkehr ausihließlih auf den Weg über die Rhonemündung angemiefen geweſen fei. Es wäre jonft menigftens kaum verfländlih, warum bie Deutihen, angeführt von den Vertretern der Humpißgeſellſchaft gegen diefe Beſtimmungen ben Prozeßweg beſchritten, und zu ihrer Rechtfertigung eine Fülle königlicher und delphinaler Erlaſſe ſich verfchafft hätten, die ihnen ohne Zweifel ein fehr beträchtliches Stück Geld gefoftet Haben müſſen.

) Durrer, R., Die Familie vom Rappenſlein genannt Möttell. Im Geſchichts-

freund vd. 48 ©. 81 fi. ®) Reg. 2352 fol, 168 jj.

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In ber Zwiſchenzeit mußten fie natürlich, wenn auch unter Proteft, von al ihren Waren den Zoll von 5/0 entrichten, oder wenigſtens für deffen Entrichtung pfandweiſe Sicherheit hinterlegen.

Wenn man die lange Lifte der Klagen und Gegenklagen, ber Replifen und Duplifen durchgeht, auf Grund deren in letzter Inftanz bie Königin= Regentin mit ihrem Hofgerihte am 28, Juli 1449 zu Perpignan ihr endgültige Urteil abgegeben hat, fo gewinnt man bie Überzeugung, daß der Prozeß ein äußerft langmwieriger, der Kampf um das Recht, ſowohl von feiten ber Bollpächter als auch von feiten der betroffenen Handels» herren, ein äußerft erbitterter geweſen fein muß.

Von feiten des deutſchen Kaufmannes if er aber offenbar mit außerorbentliher Geſchidlichkeit geführt worden. Es war ein überaus gewandter Schachzug, daß es ihnen gelang, die Fatalonifhe Kaufmannſchaft bazu zu vermögen, ſich ihrer Klage gegen die Zollpächter anzufchließen. Sicher ift diefer Anfhluß ein reiner Liebesdienft geweſen, denn weber im Laufe des Prozeſſes noch bei Verfündung bes Urteils if der fata= Tonifche Teil der Kläger vertreten. Für die Königin und ihren Rat konnte e8 aber nicht bedeutungslos fein, daß ſich der verfochtene Anſpruch jo nicht nur als ein folder der Landfremden, fondern auch ale ein Intereſſe ihrer eigenen Unterthanen barftellte,

Nicht minder geſchictt gingen die beutfchen Kläger in Frankreich vor. Es wird ihnen allerdings wohl nicht allzu ſchwer geworben fein, bie Unterftügung bes Dauphins für ihre Anfprüde zu gewinnen, da ſich bie= ſelben zu fehr mit deſſen augenblidlihen Interefien dedten. Es wimmelt denn aud in ber Aufzählung ber Prozeßalten von Erklärungen über bie Selbftändigfeit der Dauphins, die vor allem damit begründet wirb, daß nad dem Teftamente bes legten Dauphins fein Land nur dann ein Bes ſtandteil der Krone Frankreich werben folle, wenn dieſe mit der römifchen Kaiſerkrone vereint fei, und damit, daß die Dauphine all ihre Rechts: angelegenheiten bis zur legten Inſtanz felbftändig zu entſcheiden befugt fei, ohne daß eine Appelation an den höchſten franzöſiſchen Gerichtshof ſtatthaben dürfe. Sole Erklärungen gaben ab am 27. September 1446 Guillermus Teyrene, Licentiat der Rechte und iudex curie zu Romans, am 28. desfelben Monats Geraldus Cabassus, Doftor der Rechte und Oberrichter der Graffchaft Valentinois, und am 7. Januar 1448 Radulfus dominns de Cangonnet, Gouverneur ber Dauphine. Der Dauphin felbft hatte, ficher ſchon im Intereſſe feiner eigenen Unterthanen wiederholt, und zulegt aus Montilly unter dem 12. Juni 1447 an die Königin— Negentin gefchrieben, um die Abftelung der Zollbeläftigungen für die Provenienzen feines Herzogtumes zu verlangen. Er ließ erneut durch

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feinen Sekretär Petrus Georgii unter dem 12. Ditober 1447 Protefh erheben und erflärte durch Erlaß von Valence den 3. Juli 1448, dab bie Befeitigung der Zollſchranke rüdwirkende Kraft auch in feinem Lande haben fole, wo man endlich anſcheinend aud zu Zollrepreſſalien feine Zuflucht genommen hatte. Das wichtigſte Rechtsmittel zu Gunften ber Deutſchen bildete aber doch wohl die Erklärung König Karls VII. von Frankreich vom 9. Auguft 1447, worin biefer felbft feinen Anfpruh am die Daupbins vom 7. Dftober 1444 zurüdzieht und deren Unabhängigs keit anerkennt.

Ein Erfolg ber Deutfchen war es wohl aud, daß die Königin im Berlaufe des Prozeſſes die Rechtſprechung den ordentlichen Gerichten ent 30g und bie Sache vor ihr Hofgericht berief. Wie dort der Ausgang fallen würde, ſcheint von feiten ber Kläger wie ber Bellagten voraus- gefehen worben zu fein. Auf dem für die Veröffentlichung bes Schluß⸗ urteils anberaumten Termine, ber auf den 28. Juli 1449 nad) Perpignau ausgeſchrieben worden mar, war von feiten der Zollpächter niemand erfchienen. Dagegen waren bie Kläger vertreten durch Frederico Ompis mercatore alamanno factore et negotiorum gesfore ac Armando Nigro procuratore dictae societatis de Jouahompis, Teutonicornn ac alioram mercatorum Catbalanorum. Das Urteil ſprach denn auch die über die Dauphine handelnden Deutſchen frei von dem Zolle des ius marcharum und ordnete die Rüdgabe und den Erfag aller von ihnen zu Unrecht er⸗ Hobenen Abgaben an.

Perpignan muß um jene Zeit ein nicht unwichtiger Pla für dem deutſch⸗kataloniſchen Handel geweſen fein. Daß es längere Zeit bie Nefidenz des aragoniſchen Hofes wurde, weil die Königin-Regentin das Bebürfnis empfand, in ben diplomatifchen Verwidelungen ben benachbarten. Höfen näher zu fein, als in Saragofja ober Lerida, ift hinlänglich bekannt. Allein auch ale Handelsftabt fcheint es vorübergehend eine Rolle gefpielt zu haben. Dafür fpriht jene galera de Perpinan, bie wir oben zu erwähnen Gelegenheit hatten; das beftätigt eine intereffante andere Notiz aus dem Archive der Stadt Breslau.

Am Dienstag nach Trinitatis (21. Mai) des Jahres 1448 erſchien vor dem Rate zu Breslau Meifter Hannus Tyle von ber Frauenftabt (Frauftadt) und erklärte, von ben ehrbaren Leonhard Reuthemer und feiner Gefelfhaft und von Hannus Garthener und feiner Gefellihaft 120 reſp. 149 ungarifhe Gulden erhalten zu haben, und zwar als Zahlung einer gewiffen Summe, die er zu Perpignan auf Wechſel bei ben ehrbaren Joſt Ital Humpiß von Ravensburg und ihrer Geſellſchaft eingezahlt

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Hatte). Diefe Notiz ift nad vielen Richtungen Hin außerordentlich interefjant. Zunãchſt bekundet fie, daß Hannus Tyle von Frauftabt felbft in Perpignan gemefen ift, und da er Anlaß nahm, eine beträdhtlihe Summe von dort herauszuverwechſeln, jo hat er wohl unzweifelhaft dorthin oder ‚darüber hinaus Waren verhandelt, die nad) unferer Kenntnis der Ver: bältniffe faum in etwas anderem beftanden haben werben als in Leinwand, die ja in Schlefien über den eigenen Bedarf hinaus fabriziert wurbe, in Spanien aber zu den beſonders begehrten Importartifeln gehörte. Die Stelle dürfte das ältefte Zeugnis für den Verſand von ſchleſiſchen Leinen nad der iberiſchen Halbinfel fein.

Weiter aber if die Notiz in hohem Grade bezeichnend für bie Be— deutung der Ravensburger Handelsgeſellſchaft. Man fühlt fi) beinahe erinnert an die Stellung, welche nachmals die Fugger im deutſch-ſpaniſchen Handelsverkehre eingenommen haben, wenn man fieht, wie die Kaufleute aus allen Gauen des deutſchen Reiches die Vermittlung der Humpiß- geſellſchaft in Anſpruch nehmen, fobald e3 gilt, Beziehungen zu ſpaniſchen Märkten nugbar zu machen. Offenbar hat Hannus Tyle den Geminn feiner Gefchäftsreife weder in barem Gelde nod in kataloniſchen Waren ‚ausführen wollen, und es dabei gleichzeitig bequem und gewinnbringend gefunden, das Geld, wie in einer Bank?), bei den Humpiß zu deponieren, und in feiner Heimat von dortigen Gejchäftsverwandten der Ravensburger Geſellſchaft wieder in Empfang zu nehmen. Das Dokument bezeugt alfo auch, daß die Beziehungen der Humpiß von Barcelona im Weften bis nad Breslau im Dften binaufreichten.

Einige Jahre fpäter vollzog fi infofern eine Anderung in dem Handel der Deutſchen nach Katalonien, als ein Teil der Mötteli aus der magna societas außtrat, aber nicht etwa, um ſich von dem ſpaniſchen Handel zurüdzuziehen, ſondern um denfelben mit einer eigenen Geſellſchaft im Wettbewerb mit den alten Partnern zu betreiben. Vermutlich haben die hohen Gewinne, welche die Gefelfchaft erzielte, den Anreiz zu dieſem Vorgange gegeben. Wenigſtens finden wir, daß nit nur bie neue Ger ſellſchaft der Mötteli, fondern auch diejenige der Humpiß um die gleiche Zeit ihre Gefchäfte weiter ausdehnt.

Die Bewegung, welche der kataloniſchen Hauptſtadt in dem ſüdlicher gelegenen Valencia eine Rivalin auf dem Gebiete des auswärtigen Handels entftehen ließ, fegt fon in ben legten Jahren des Libre del dret ein.

*) Stabtargjio Breslau, Signaturbud 1448 fol. 83 (Hs. G. 5 8b. 37). Ich verbanfe bie freundliche Mitteilung des Dofumentes Herrn Dir. Prof. Dr. Markgraf. %) Bantgeſchaft der Humpiß, wenn auch aus fpäterer Zeit, fiehe bei v. Heyb 1. c.

26.

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Anders vermag id) es wenigftens nicht zu erflären, wenn Raufherren, wie Juan de Colonia es lohnend fanden, unter Entriätung des Ausfuhrzolles Waren, die nicht kataloniſchen Urfprunges zu fein feinen, von Barcelona nad Valencia zu verfrachten. Für das legte Drittel bes 15. Jahrhunderts wird der Aufſchwung Valencias ſelbſt von zeitgenöffiihen Schrififtelern ugeftanden, und ala Hieronymus Münzer von Nürnberg i. J. 1495 nah Balencia kommt, berichtet er wörtlih: „or 50 Jahren war noch Barce⸗ lona der Hauptort für den Handel und die Kaufmannſchaft von ganz Spanien, in der Weife wie e3 Nürnberg für den Handel von Ober: deutſchland ift. Aber wegen der politifchen Unruhen und Aufftände hat fi) der Kaufmann nach Valencia zurüdgezogen, das heutzutage die Haupt: ſtadt des Handels if.” Diefem Zuge haben fi beſonders aud bie deutſchen Kaufleute angeſchloſſen. Wir fünnen das Jahr nicht feftitellen, warn Jobſt Köhler (Jodocus Koler) als Faktor der Humpißgeſellſchaft fi in Valencia niedergelaffen hat. Es dürfte dies aber faum lange Zeit nad) dem Ende de3 Libre del dret erfolgt fein. Und zwar aus folgenden Gründen: Es wird berichtet, daß Köhler, welcher supremus familiaris d. 5. erfter Faktor der Humpißgeſellſchaft geweſen war, bei feinem Tode ein Franzisfanerliofter in der Nähe ber Stadt geftiftet habe‘). Eiue ſolche Stiftung wäre jedenfalls etwas fehr Eigentümliches, wenn ihr nicht ein ziemlich langjähriger Aufenthalt am Orte berfelben vorausgegangen wäre. Nun ift aber das Kloſter nachweislich i. J. 1459 errichtet worben?), und id} glaube deshalb mit der Annahme nicht fehlzugehen, daß Köhler ſchon eine längere Reihe von Jahren vor dieſem Termine nad Valencia gekommen if.

Sicher begegnen wir den Humpiß in Balencia i. 3. 1466. Auch dies ergiebt fi aus einer Fürfprade, und zwar hat diefelbe der Rat von Konftanz bei den Machthabern von Katalonien aus dem folgenden Anlaffe eingelegt’). Die Kaufherren Hans Blarer, Konrad Muntpratt d. A., Ludwig Muntpratt, Hartmann Hyrus und Andreas Sattler, ſämtlich Glieder der Gefelichaft des Friebrih Humpiß hatten von Konſtanz aus 8 Ballen Waren an den Faktor der „gemainen Gefellihaft“ abgehen laſſen, um diefelben auf einem offenbar vielfad in biefer Weife benügten Wege nach Valencia gelangen zu laffen. Der Mailänder Faktor hatte auf Rechnung der Geſellſchaft noch weitere 30 Ballen in gleicher Weile inftradiert und die ganze Sendung an Luigi Centurione in Genua ab:

*) Kunfimann, Münzer. In: Abhandlungen b. f. Bayer. Atad. Hiſt. Ki. &.7 ©. 297.

2) Waddingius, Aunales minorum ®b. 13 ©. 140.

®) d. Heyd, Ravensburger Gefellihaft S. 345 und Urt, III.

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gehen laſſen, der ala „Reſpondent“ der Gejelihaft für eine geeignete Schiffsgelegenheit nach Valencia zu forgen hatte. Centurione hatte alle 38 Ballen auf dem Schiffe des Bartolomeo Tagliani untergebracht ; allein dieſes Schiff wurde aus unbefannten Urſachen von Barcelonefer Galeeren aufgebradt und nad Barcelona geſchleppt. Auch in dieſer Stabt Hatte zurzeit die Gefellihaft ihre Vertreter in der Perfon bes Paulin Spid und des Philipp Wißland, und die Verwendung bes Konftanzer Rates geht dahin, daß die unter einem falſchen Vorwande gefaperten Handelsartikel doch an bie Faftoren ausgeantwortet werben mödten.

Herr v. Heyd hat die Vermutung aufgeftellt, daß wir es hier nicht mit Geſchäften ber Magna Societas felbft zu thun haben, fondern daß fi aus deren Mitte eine Filialgefelfchaft unter ber Leitung des Friedrich ‚Humpiß gebildet Haben möchte, die ben Handel mit Valencia auf beſonderes Konto betrieben habe. Ich glaube, daß es dieſer Annahme nicht bedarf, um das Dokument zu erklären. Wir haben gefchen, daß Friedrich Humpiß bereit3 im Jahre 1449 als einer der Xeiter der Magna Societas felbft in dem Dauphine-Prozeß genannt wird. Wir haben weiter als höchſt wahrſcheinlich nachgewieſen, daß ſich Jobft Köhler bereits vor d. 3. 1459 als Faktor der gemeinen Humpißgeſellſchaft in Valencia befunden habe. Und das Dokument felbft läßt bie 30 Ballen, die von Mailand aus mitgingen, „in gemainer Geſellſchaft Namen“ erpediert werben, und nennt Spid und Wißland als Faktoren eben diefer Geſellſchaft in Barcelona,